Arturs Apinis berichtet aus Torquay

Drei Monate weg aus der Heimat, aus der bekannten Umgebung herausgerissen, für bestimmte Zeit an einem vollkommen neuen Ort zu sein - diese waren nur ein paar meiner Gedanken, als mich kurz vor dem Abflug die Nervosität überkam. Mein Abenteuer sollte beginnen.

Dabei wusste ich schon seit Jahren, dass ich einen Schüleraustausch in einem englischsprachigen Land machen möchte. Schon immer hatte ich mit dem Gedanken gespielt, dass man die Sprache nur dann in ihrer Vollkommenheit erfahren und erlernen kann, wenn man im Land ihres Ursprungs für eine geraume Zeit lebt. Dies war einer meiner Beweggründe, warum es mich schlussendlich nach England zog, genauso wie dass es nicht sehr weit von der Heimat entfernt ist.

So stand ich Anfang September am Frankfurter Flughafen, auf meinen Flieger wartend im Terminal, nachdem ich mich zum letzten Mal für drei Monate von meiner Mutter verabschiedet hatte.

Endlich kam ich ein paar Stunden später in London an und wurde nach der Passkontrolle von einem Fahrer abgeholt, der mich nach Torquay fuhr. Die Fahrt dauerte 4 Stunden, da Torquay viele Kilometer entfernt von London liegt. Am Ende eines langen Tages stand ich voller Spannung an der Tür meiner Gastfamilie und wurde mit größter Herzlichkeit begrüßt. Ich bekam ein schönes, lichtdurchflutetes, wenn auch rosa gestrichenes Zimmer, und erfuhr, dass ich einen gleichaltrigen, chinesischen Gastbruder habe.

In den folgenden paar Tagen vor Schulbeginn habe ich mich mit der Gastfamilie, die mich direkt am dritten Tag zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung mitnahm, auch mit der Umgebung bekannt gemacht. Torquay liegt direkt am Meer, mit einem schönen Hafen (vor allem wenn die Sonne sich blicken ließ, ja das englische Wetter...), einem kleinen, aber belebten Stadtzentrum und vielen grünen  Feldern und Wiesen. Vor allem im Sommer ist Torquay eine beliebte Touristenstadt, weshalb es je näher der Winter kam, immer ruhiger wurde.

Ein paar Tage später hatte ich meinen ersten Schultag an einer englischen Schule, der Torquay Academy. Meine Schuluniform, die ich zuvor in Torquay erworben hatte, wirkte zunächst etwas befremdlich, jedoch gewöhnte ich mich an sie; alle mussten sie nämlich tragen und sie sah gut aus. Ich sollte nun meine Fächer wählen und ich entschied mich für Englische Literatur, Mathematik, Sport-Theorie und Informatik, da ich einen Teil dieser Fächer an meiner Heimatschule nicht nehmen kann. Später wurden mir meine Lehrer und Mitschüler vorgestellt, die sehr offen und freundlich auf mich zukamen. Meine Mitschüler luden mich direkt ein, zusammen zu Mittag zu essen, um sich gegenseitig besser kennenzulernen. Immer wieder zeigte sich, wie offen doch die Engländer gegenüber mir und den anderen Austauschschülern waren. Dieses hatte ich nicht in dem Maße erwartet. Beim Essen in der Schule gab es eine reichliche Auswahl an verschiedensten Gerichten und es schmeckte meist besser als das Essen in der Mensa meiner Schule in Deutschland. Der Unterricht fand in einer entspannten, aber konzentrierten Atmosphäre mit nur bis zu zwanzig Schülern statt, was daran lag, dass ich in der Sixth Form war, der englischen Oberstufe. Bei Problemen gab es immer ein offenes Ohr und ich wurde von gewöhnlich verständnisvollen Lehrern gut betreut.

Gerade die Lernmethodik in England begeisterte mich. Ich lernte, wie viel mehr Wert auf Praxis gelegt wird. Der tägliche Gebrauch der englischen Sprache im Unterricht und in der Freizeit, haben meine Englischkenntnisse nachhaltig gestärkt. Der Wortschatz erweitert sich schlicht und einfach durch das Sprechen. Alles ist in Englisch – der Tagesablauf, die Gespräche mit den Mitschülern oder der Besuch im Supermarkt; ich begann richtig auf Englisch zu denken! Ich glaube hier habe ich viel gewonnen, aus dieser Erfahrung kann ich nun mit großem Selbstvertrauen auf die englische Sprache zurückgreifen.

In den folgenden Wochen verbrachte ich meine Zeit damit, mit meinen neuen Freunden in die Innenstadt Torquays zu gehen, die umliegenden Städte Exeter und Plymouth kennen zu lernen, am Wochenende auch mal ein wenig zu feiern oder in geselliger Runde Billard zu spielen. Wenn ich bei der Gastfamilie war, schauten wir oft zusammen fern und hatten gute Gespräche, die mir die englische Kultur näher brachten. Und wenn ich einmal alleine war, machte ich einen kleinen Spaziergang zum örtlichen Supermarkt oder las ein aus der Schulbibliothek ausgeliehenes Buch.

Auch wenn man öfters natürlich seine Familie und Freunde vermisste und sie gerne wieder sehen wollte, vergingen die Monate beim Basketball spielen, neue Freunde treffen und den Unternehmungen mit der Gastfamilie wie im Flug Der Tag des großen Abschieds rückte aber unaufhörlich näher.

An meinem letzten Schultag wurde ich in der Schule vor versammelter Stufe verabschiedet, wo meine Augen doch noch ein wenig feucht wurden, und meine Freunde gaben mir ihre letzten Umarmungen. Am nächsten Tag verabschiedete ich mich zu früher Stunde von meiner Gastfamilie, um den sehr früh abfahrenden Bus nach London Heathrow zu erwischen.

Nach einer anstrengenden Reise mit Bus und Flugzeug traf ich dann endlich meine Familie wieder und mir wurde bewusst, dass dieses unvergessliche Abenteuer nun sein Ende hatte...

Noch heute, wenn ich an meine Zeit in England zurückdenke, überkommt mich stets ein Lächeln. Es war eine geile Zeit!!!

Ich wünsche allen, die auch in England einen Schüleraustausch machen wollen viel, viel Spaß und Erfolg und eine schöne Zeit, wie ich sie auch hatte...

Arturs Apinis

Neuste Erfahrungsberichte